Berhard Fleischmann


"Konzentration ist meine Lebensaufgabe."


Willkommen in „Fleischis Welt“

Die besteht aus einem papierüberdeckten Schreibtisch mit zwei laufenden PCs und ist wie geschaffen für einen kreativen Multitasking-Menschen, der nicht unter Klaustrophobie leidet. Angegliedert an das Büro im Erdgeschoss ist eine ehemalige Autowerkstatt, die sich durchstrukturiert präsentiert. Die großzügige Wohnung im ersten Stock hat der Hausherr in weiten Zügen selbst renoviert. Über den großen Esstisch im Wohnzimmer spannt sich eine homogene Lampe aus Holz. Ein schönes Unikat, dass der 51-Jährige in handwerklicher Eigenregie gemeistert hat. Die Fensterfront gibt einen Blick auf die weitläufige Dachterrasse frei. Seit Juni dieses Jahres reißt er Wände ein, werkelt, verputzt, fliest und schon jetzt im Oktober schaut alles sehr einladend und nach Wohlfühlambiente aus.

Geduld ist nicht seine Stärke. Es muss was vorwärtsgehen. 

 

Im Büro zwängt er klappernd und scheppernd einen zweiten Stuhl hinter den Schreibtisch, verstaut seine 1.98 Meter Statur und eröffnet mit einem gut gelaunten Hallo das Gespräch. Hätte man jetzt einen aufgedrehten Witzelieferanten am Band, Hau drauf und Schenkelklopfer erwartet, läge man völlig daneben. Obwohl er nach seiner Selbsteinschätzung ungeduldig, krachert, manchmal peinlich ist, lerne ich die „hopefully unterhaltsame“, kreative und sehr patente Seite des BAYERN 3-Moderators Bernhard „Fleischi“ Fleischmann kennen. Er war acht Jahre einer von den Frühaufdrehern der kultigen Morgenshowsendung von 5.00-9.00 Uhr. Eine lange Zeit für einen Umtriebigen mit Millionen Ideen, der am liebsten jeden Tag etwas anderes machen würde, damit keine Langeweile aufkommt. „Ich freue mich über die unterschiedlichsten Jobs und sehe jeden als Herausforderung. Ich würde mich nie verbiegen lassen. Nur so bin ich glaubwürdig und mache meinen Job gut.“ Diese Authentizität erkannte Walter Schmich (Leiter des Programmbereiches BR 1/BR 3) und förderte sie. „Ich hab ihn darauf aufmerksam gemacht, dass ich für die Frühaufdreher zu wenig Hochdeutsch spreche.“  Doch Walter Schmichs salomonische Entscheidung ‚das machst du, das passt schon‘ führte zum Erfolg. Und wie es passte! „Dass ich so sein durfte, wie ich bin, ist Luxus. Aber acht Jahre waren genug,“ sagt der Moderator. 

 

So fing alles an

Die Liebe zu diesem Metier entdeckte er schon als 13-Jähriger, als er abends vor dem Radio saß und auf Tonband seine Lieblingssendungen aufnahm. Mit dieser Leidenschaft im Herzen stellte er sich als 17-Jähriger bei einem Münchner Privatsender vor. Heinz Burghard, damaliger Redakteur bei Radio M1 meinte lakonisch: „Gerade hab ich nichts, aber schaust halt nächste Woche nochmal vorbei.“ So einer wie der Bernhard lässt sich nicht abwimmeln, denn er ist mit einer „homöopathischen Sturheit“ gesegnet, mit der Tendenz beharrlich dran zu bleiben. Eine Woche später arbeitete er im Archiv des Privatfunks. Eine Aufgabe, die ihn beseelte, wie er sich erinnert. Wenn er morgens um 6.30 Uhr den Sender verließ, in dem er die ganze Nacht Kassetten aufgenommen und das Archiv umgemodelt hatte, versetzte ihn das in wehmütige Stimmung. Die Arbeitszeit war wieder mal wie im Flug vergangen, was auf die Schulzeit nicht zutraf. Der „temporär Ehrgeizige“, der sich intervallmäßig „knackig fokussieren“ kann, zählt das Abitur zu seinen besonderen Momenten. Vermutlich ist das nicht nur dem Bildungsstand geschuldet, sondern auch der damaligen familiären Situation. Im Klötzlmüllerviertel in Landshut aufgewachsen, trennten sich seine Eltern als er fünf Jahre alt war. Eine prägende Erfahrung für ein Kind. Das „Straßenhopping“ mit mehreren Umzügen im Stadtgebiet erwähnt Bernhard Fleischmann nur beiläufig. Substanzieller scheint ihm das Tagesseminar bei den Franziskanern gewesen zu sein. Dort fühlt er sich wohl, liebt die Gemeinschaft und vermutlich die Struktur, die ein Jugendlicher braucht, der ohne Vater zurechtkommen muss. Wieder ein Umzug. Dieses Mal nach München. Er besucht dort das Wittelsbacher Gymnasium, wünscht sich aber eine Rückkehr in die ganztägige Schulform. Die findet er im Pallottihaus in Freising. Seine Mutter ist überrascht, dass ihm die Ferne lieber ist als das Zuhause. Zum Abi-Abschluss begleiten ihn beide Elternteile. Unter besondere Momente ordnet er auch das Vier-Augen-Gespräch mit Uli Hoeneß ein. Den schätzt er, trotz seiner allseits bekannten Verfehlungen. „Ich sehe den ganzen Menschen“, sagt er. Wenn jemand gegen die Meinung anderer was durchzieht und damit erfolgreich ist, findet er das gut. Mit taurinhaltigen Getränkedosen zum Milliardär, wie Dietrich Mateschitz mit dem Label Red Bull. Da zieht er den Hut. Dem unternehmerischen Denken und sozialen Engagement eines Bill Gates zollt er höchsten Respekt. Machertypen imponieren ihm und Unfähige bringen den ungeduldigen Optimisten aus der Fassung. Er verdeutlicht es an einem Beispiel. „Du kaufst an der Tankstelle einen Cappuccino, ein Snickers und eine Wurstsemmel. Statt erst die Tasse unter die Kaffeemaschine zu stellen, damit der schon mal durchläuft, machen die es genau verkehrt rum und verkaufen dir erst das Snickers und die Wurstsemmel. Da werde ich schon beim Zuschauen ganz hibbelig.“ Endlosen Diskussionen um die Programmgestaltung, in denen nichts vorwärts geht, entzieht er sich durch „protestmäßiges einschlafen“. „Tote Lebenszeit“, sagt er. 

 

Monokultureller Lebensstil ist nicht seine Sache

Was kommt nach der Moderation? Schauspielern und synchron sprechen? „Music was my first love“, sagt der Hitmixer, der schon zwei CDs „erfolgreich“ veröffentlicht hat. Dazu seine ironische Selbstreflexion: „der Vorgang der Veröffentlichung war erfolgreich.“  Humor und positive Lebenseinstellung spiegeln sich in seinen Songs wider. Er schreibt lyrisch übersichtlich, dafür um so einprägsamere Texte, wie er sagt. Sein Album mit dem Titel ‚Da passt ja gar nix z’amm‘ ist links oder rechts von der Norm angesiedelt, heißt es auf dem Cover und beschreibt zugleich den Charakter des Individualisten. Was absolut „zammpasst“ hat, war sein warmes Timbre mit viel Gefühl zu Claudia Korecks klarer Stimme bei der Aufnahme „Weilst a Herz host wie a Bergwerk“. Seinen ganz persönlichen perfekten Moment, die Liebe zu seiner Lebenspartnerin, hielt er musikalisch fest. „Bei den Gesangsaufnahmen habe ich öfter unterbrechen müssen, weil mir die Tränen gekommen sind.“ Warum bleibt er nicht bei der Vertonung auf der Gefühlsebene?

Ganz einfach, weil der Mann in keine Schablone passt. Weil alles Kompatible ihn stört und ihn dann schon wieder in Unruhe versetzt. Das muss man nicht verstehen. So tickt nur ein Unikat! 

 

Oder kennen Sie jemanden, der zu einer Kilimandscharo-Besteigung einen Golfschläger mitnimmt? Der Besitzer eines Kinderwagen-Grills ist oder in Büros einfällt und mit dem Laubbläser die Haare der Damen zu Berge stehen lässt? Der in animalischer Anwandlung von der Fliege zur Biene mutiert und Blumensamen streut? Ja, was kommt denn noch? Ach ja, die Schauspielerei! „Des darf man so nicht sagen, dass ich Schauspieler bin. Da hauen mir die Gelernten eins in die Fresse. Ich bin Amateurselbstdarsteller und hab schauspielerische Ausflüge zu Hubert & Staller machen dürfen. Das war ein Geschenk, genauso wie das Synchronisieren des Zwerges Ben in der Disney-Produktion „Gnomeo & Julia.“ Der rote Zipfelmützenzwerg lacht sich heute noch schlapp bei ihm draußen im Garten. „Die vielen Sachen, die ich mache, sind wie Lottospielen. Manchmal ist ein Fünfer mit Zusatzzahl dabei.“ Seiner Originalität und seinem Ideenreichtum lässt er freien Lauf. Bei einem Kino-Open Air in München verkaufte er Süßigkeiten im Bauchladen. Zwecks mangelnder Abnahme konnte er sich ein Jahr davon selbst ernähren. „Eine spontane Aktion ohne wirtschaftlichen Verstand. Ich hab es nie bereut“, sagt er, begleitet von seinem unverwechselbaren Lachen, seiner stärksten Kommunikationsform. Weil man der nicht auskommt, ist es ansteckend. Je höher der geistige Entwicklungsgrad eines Geschöpfes, umso lauter sein Lachen, sagt eine Studie. Dann ist der Mann ein Genie!

 

Wieviel „Schweinsbraten al dente“ verträgt der Bayer?

 

„Ich mag jeden, der in der bayerischen Kultur etwas voranbringt“, sagt der offizielle Niederbayernbotschafter. „Ob das der Eberhofer, der touristenkompatible Grantler ist oder Hubert & Staller, die a bisserl was vom Hader ins Niederbayerische transkribieren. Da darf das Bild vom klassischen Niederbayer ruhig etwas überzeichnet sein. Aber wenn jemand zu mir sagt, mein Enkelkind wird auf Hochdeutsch erzogen, dann sag ich, des geht ned. Der Dialekt ist dein Segen, dein Wasserzeichen, das man fördern muss. Jeder soll so reden, dass man ihn versteht. Man muss ja nicht gleich bellen, aber der Dialekt und die Herkunft sollen erkennbar sein.“ Was er nicht mag ist dieses dogmatische „Mia san mia.“ „Es ist eine gute Grundaussage. Aber mir ist es zu egozentrisch. Genauso die Stammtisch-Aussage: Da sitzn de wo oiwei da sitzn. Oder tschüss sagt man nicht, sondern servus. Mehr Liberalität würde uns in Bayern nicht schaden.“ Gut findet der FC Bayern-Fan, der auch als DJ in der Sponsoren Lounge für Stimmung sorgt, dass junge Leute wieder Tracht tragen. „Aber nicht so traditionsvereinsausgerichtet, das wäre mir zu viel, sondern klassisch und modern.“ Wundern Sie sich nicht, der Mann kreiert Wortkompositionen, die nicht alltäglich sind. Das ist bayerischer Esprit! 

 

Golfer und Visionär

„Wenn ich könnte, würde ich einen eigenen Radiosender gründen, bei dem alle zu Wort kommen. Ein Redakteur hat einmal zu mir gesagt, es gibt nur lachen und weinen, dazwischen liegt der Ozean der Langeweile. Das stimmt. Die Reportagen müssen emotional und unterhaltsam sein. Dampfplaudereien, die keinen interessieren, sollten durch Kurzinfos ersetzt werden, für diejenigen, die zu faul zum Zeitungslesen sind. Zudem würde ich die bayerische Musik fördern, die in den Radiosendern viel zu kurz kommt.

 

Dann würde ich versuchen, den Habitus von jungen Leuten zu ändern, die ihren Dämonen ausgeliefert sind. Das Wichtigste in ihren Augen ist Schönheit und Klicks, das Handy ihre Gottheit und schaut bei allen aus der „Oschtaschn“ raus. Sie laufen mit High Waist Hosen mit zerrissenen Knien und im schwarzen Top rum. Ich würde am liebsten sagen, Leute wacht auf, ihr seid doch Individuen!“ Der Philanthrop ist jetzt im Fluss, aber seine Wortwahl ist nie zynisch, unfreundlich oder beleidigend, ganz im Gegenteil. Verständnisvoll für die Schwächen seiner Mitbürger, uneigennützig, wenn er helfen kann und vertrauensvoll auf das Gute im Menschen ausgerichtet. Er würde es ethische Grundausbildung nennen.

 

Politisch könnte er sich eine monarchische Demokratie vorstellen. Unsere Demokratie ist ihm zu soft. „Aber nicht, wie die Volksentscheide in der Schweiz. Da kann ja fürs Gemeinwohl nichts rumkommen, wenn jeder nur auf seinen eigenen Vorteil schaut. Am besten wäre eine kleine Instanz, welche die Entscheidungen trifft. Einen Rat der Weisen aus der Wirtschaft, verstärkt durch ein paar patente Menschen. Probieren wir es mal so: Wolfgang Kubicki, Angela Merkel mit Monika Gruber und Uli Hoeneß. Das wäre unterhaltsam und dem Staat förderlich. Denen würde ich mein Schicksal in die Hände legen. Außerdem müsste die Steuergesetzgebung komplett vereinfacht werden.“ 

Ob ihm diese politische Konstellation beim Golfen eingefallen ist? Bewegung hilft beim Nachdenken. „Sobald ich am Golfplatz bin, kann ich abschalten“, sagt der Präsident der Königlich-Bayerischen GolfHeroes. Bei diesem Club steht der Spaßfaktor im Vordergrund. „Kommen Sie zum Club der Ausgestoßenen. Hier gibt’s alles, außer ernstes Golf“, präsentiert er den Verein in einer Videobotschaft. Brauchen Sie für Ihre Sportart Käppis oder T-Shirts, wenden Sie sich an den Grafiker und produktiven Kopf von BAYERN 3! Das ist jetzt kein Spaß. Das ist ernst gemeint.

Und sollten Sie dann eine E-Mail mit der Grußformel „grüüüüssung“ im Postfach finden, kann ich Ihnen zuverlässig versichern, dass der Absender er und sonst keiner ist: Bernhard „Fleischi“ Fleischmann – Multitalent, Botschafter für Niederbayern, Sympathieträger, Sonderexemplar mit Raritäts-Gen. Er ist einfach anders. 

 

Ist der Mann in Worte zu fassen? Es war ein Versuch.